14.04.2025 - 10:00

NO & LOW ALCOHOL – Der neue Realismus der Gastronomie

Zwischen Innovation und Erwartungshaltung. Was vor wenigen Jahren noch als temporärer Trend belächelt wurde, ist heute ein elementarer Bestandteil anspruchsvoller Gastronomiekonzepte: alkoholfreie und alkoholreduzierte Getränke, bekannt unter dem Begriff "No & Low Alcohol" (NoLo), definieren den modernen Genuss neu.

Dabei geht es längst nicht mehr um Verzicht, sondern um Vielfalt, sensorische Raffinesse und ein neues gastronomisches Selbstverständnis. Für Profis in der Gastronomie ist es essenziell, diesen Wandel nicht nur zu beobachten, sondern aktiv mitzugestalten.

1. Status quo: Warum NoLo gekommen ist, um zu bleiben 
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Laut IWSR (2024) wuchs das Volumen alkoholfreier Getränke in den zehn führenden NoLo-Märkten weltweit um 9 % im Jahr 2022. Der Marktanteil stieg von 65 % (2018) auf 70 %. Besonders hervorzuheben ist: Über 40 % der Konsument:innen wechseln situativ zwischen voll- und alkoholfreien Optionen. Die Zukunft gehört also nicht der Entscheidung für oder gegen Alkohol, sondern dem bewussten Konsum.

2. Der Gast hat sich verändert – und mit ihm der Anspruch 
Gesundheit, Achtsamkeit, Lifestyle: Die Motive für alkoholfreie Getränke sind so vielfältig wie die Zielgruppen selbst. "Sober Curious" ist das Schlagwort einer Bewegung, die Genuss ohne Promille neu denkt. Die klassische Gleichung "kein Alkohol = kein Genuss" ist überholt. Der Gast von heute erwartet alkoholfreie Alternativen, die dem Original optisch, geschmacklich und emotional ebenbürtig sind.

3. Der wirtschaftliche Reiz: Deckungsbeitrag trifft Design 
Alkoholfreie Signature Serves sind nicht nur ein Zeichen kulinarischer Intelligenz, sondern auch betriebswirtschaftlich klug. Wie Sebastian Libiseller (Vertriebsleiter, Spitz) betont, ist Gelingsicherheit für viele Betriebe der entscheidende Faktor: schnell, reproduzierbar, optisch stimmig. Ein hochwertiger Sirup wie der neue alkoholfreie Aperitivo von Spitz bringt Italian Summer ins Glas – ohne Komplexität, aber mit hoher Marge.

4. Sensorik, nicht Surrogat: Warum es nicht um Imitation geht 
Die nächste Generation alkoholfreier Getränke ist nicht Kopie, sondern eigenständiges Erlebnis. Marken wie MURI, AMA Brewery oder Combuchont zeigen, wie durch Fermentation, Teebasis oder Hybridisierung komplexe Aromenwelten entstehen, die sich neben Wein und Spirituose behaupten. NoLo ist kein Ersatzprodukt, sondern ein eigenständiger Kosmos.

5. Vielfalt in der Umsetzung: Von Shrubs bis Pet-Nats 
Die Bandbreite alkoholfreier Genusserlebnisse reicht heute von aromatisiertem Wasser über Shrubs bis hin zu Kombucha-basierten Pét-Nats. Die Kunst liegt in der klugen Kombination von Produktkenntnis, Pairing und Inszenierung. Wichtig ist: Die alkoholfreie Alternative muss kuratiert, nicht toleriert werden. Nur dann entsteht echter Mehrwert auf der Karte.

6. Herausforderungen: Akzeptanz, Schulung, Sortiment 
Trotz aller Entwicklungen bleibt Aufklärung essenziell. Das Servicepersonal muss die Story, die Sensorik und die Einsatzmöglichkeiten kennen. Ohne Schulung verpufft selbst das beste Produkt. Ebenso wichtig: Ein durchdachtes Sortiment, das über Cola und Saft hinausgeht und auch NoLo-Bier, -Wein und -Spirituosen integriert.

7. Ausblick: Die Zukunft ist alkoholfrei(er) 
Die nächsten Jahre werden den NoLo-Bereich weiter transformieren. Mit einem prognostizierten jährlichen Wachstum von 9 % bis 2026 wird kein Weg an der Kategorie vorbeiführen. Betriebe, die heute in Know-how, Auswahl und Kommunikation investieren, positionieren sich als zeitgemäß, verantwortungsvoll und wirtschaftlich stark.

Fazit: Genuss braucht keinen Alkohol – aber Ideen 
No & Low ist kein Hype, sondern eine Haltung. Die Gastronomie steht vor der Aufgabe, diese Haltung mit Leben zu füllen: kreativ, professionell und bewusst. Wer alkoholfreien Genuss als Chance begreift, gestaltet nicht nur die Karte neu, sondern auch das Verständnis von Gastfreundschaft im 21. Jahrhundert.
 

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