Interview: "Die Zukunft der Energie ist dezentral, digital und flexibel"
Herr Windelen, welche Trends und Entwicklungen sehen Sie aktuell in der Energiebranche?
Die Energiebranche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, der vor allem durch die fortschreitende Elektrifizierung geprägt ist. Strom wird zur zentralen Energiequelle für immer mehr Anwendungen – sei es in der Mobilität, in der Industrie oder in Haushalten. Damit steigen auch die Anforderungen an das Energiesystem: Mehr Leistung, mehr Flexibilität und eine smartere Steuerung sind notwendig, um den steigenden Strombedarf effizient zu managen und dem Kunden die gewünschte Energie auch in der gewünschten Zeit bereitzustellen.
Allein die erneuerbare Energieerzeugung reicht für eine erfolgreiche Energiewende nicht aus – es bedarf eines stabilen, flexiblen und nachhaltigen Energiesystems. Ein breiter Einsatz von Speichertechnologien und intelligente Steuerungssysteme sind entscheidend, um Angebot und Nachfrage auszubalancieren und Netzüberlastungen zu vermeiden.
Ein weiterer Trend ist die steigende Rolle der Prosumer: Haushalte, Unternehmen und Industriebetriebe werden nicht nur Verbraucher, sondern auch aktive Akteure im Energiesystem. Die Digitalisierung spielt dabei eine zentrale Rolle. Smarte, vernetzte Anlagen sorgen für eine automatisierte Steuerung, erleichtern die Integration von Flexibilitäten und ermöglichen die effiziente Nutzung neuer Tarifmodelle. Mit der Verpflichtung zu flexiblen Stromtarifen für Endkunden wird diese Entwicklung weiter beschleunigt – Prozesse müssen zunehmend automatisiert und nahtlos in den Markt integriert werden.
Die Trends sind klar: Die Zukunft liegt in einer dezentralen, digitalen und flexiblen Energiewelt, in der Energiespeicher, Prosumer und intelligente Steuerung entscheidend sind, um die Energiewende erfolgreich umzusetzen und gleichzeitig die Energie bedarfsgerecht zu liefern.
Wie schätzen Sie die Bedeutung der Sektorenkopplung für die Energiewende ein?
Die Sektorenkopplung ist ein zentraler Baustein der Energiewende. Die Elektrifizierung treibt den Wandel voran, doch erneuerbarer Strom ist letztlich die Grundlage für alle Energiesektoren, auch in der Mobilität und bei Wärme/Kälte.
Nur durch die intelligente Verknüpfung aller Sektoren kann die Energiewende vollendet werden und ein stabiles, effizientes und kostengünstiges Gesamtenergiesystem entstehen. Dabei muss die Anwendung im Fokus stehen – die passenden Technologien finden sich dann und müssen dort eingesetzt werden, wo sie den größten Nutzen bringen.
Welche Rolle spielen Energiespeicher für die Netzstabilität und Versorgungssicherheit?
Energiespeicher sind im Stromsektor essenziell für die Netzstabilität und Versorgungssicherheit. Sie gleichen schwankende erneuerbare Erzeugung aus und erbringen Systemdienstleistungen, die eine stabile und zuverlässige Energieversorgung gewährleisten: Regelenergie, Schwarzstartfähigkeit, Frequenzkontrolle, Insel-Lösungen etc.
Wie können kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) von diesen Entwicklungen in der Energiebranche profitieren?
Die Möglichkeiten und Chancen sind riesig. KMU haben nun erstmals die Möglichkeit, einen Großteil ihrer Energie selbst zu erzeugen, zu nutzen und sich dadurch unabhängiger von Preisanstiegen und Volatilitäten zu machen. Zudem gibt es letztlich nichts günstigeres, als Strom vom eigenen Dach.
Wer auf intelligente Energielösungen setzt, bleibt wettbewerbsfähig geht die Zukunft aktiv an und nutzt die Chancen der neuen Energiewelten– neue Geschäftsmodelle zum eigenen Vorteil nutzen und neue Einnahmen erzielen bzw. Kosten einsparen und gleichzeitig das System entlasten.
Welche politischen Rahmenbedingungen sind derzeit die größten Herausforderungen für die Branche? Und was erwarten Sie von einer neuen Bundesregierung?
Die größten Herausforderungen für die Energiespeicherbranche liegen in übermäßiger Bürokratie, einem veralteten Marktdesign und dem fehlenden systematischen Einsatz zur Ermöglichung von Flexibilität im Energiesystem. Speicher müssen ihr volles Potenzial entfalten können – durch Multi-Use-Ansätze, reformierte Strombilanzierung und effizientere Netzanschlusskonzepte. Zudem braucht es mehr Freiheitsgrade für Behind-the-Meter-Anlagen, eine angepasste Netzentgeltstruktur und einen beschleunigten Smart-Meter-Rollout. Für eine erfolgreiche Sektorenkopplung müssen Wärme und Mobilität stärker mit dem Stromsektor verzahnt werden – mit einem stabilen CO₂-Preispfad und wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen. Von einer neuen Bundesregierung erwarten wir klare Reformen, die diese Transformation vorantreiben.
Die Volta-X steht vor der Tür und der BVES ist als ideeller und fachlicher Träger dabei. Warum ist diese Veranstaltung so wichtig für die Branche?
Die Volta-X ist ein wichtiger Treffpunkt für die Branche und bietet wertvolle B2B-Kontakte mit einem hochkarätigen Fachpublikum mit dem Fokus auf den großen Markt Industrie/Gewerbe. Sie bringt die Anbieter und Anwender passend zusammen, zeigt innovative Lösungen und bietet fachliche Begleitung, um die Energiewelt der Zukunft aktiv mitzugestalten. Wer einen Schritt voraus sein will, sollte dabei sein!
Was macht die Kombination aus Fachmesse und Konferenz bei der Volta-X so besonders?
Die Kombination aus Fachmesse und Konferenz bei der Volta-X macht die Veranstaltung besonders wertvoll, weil sie den Teilnehmern sowohl praxisorientierte Einblicke als auch tiefgehendes Fachwissen bietet. Auf der Fachmesse können neueste Produkte und Technologien direkt erlebt werden, während die Konferenz hochwertige Informationen zu aktuellen Trends, Herausforderungen und Lösungen liefert. Diese Synergie aus beidem schafft eine ideale Plattform für Networking, Wissensaustausch und die Entstehung neuer Kooperationen. So haben Teilnehmende die Gelegenheit, sich auf dem neuesten Stand der Branche zu informieren und von den Besten zu lernen. Bei der Fachkonferenz Volta-Xchange werden Top-Experten der Branche ihre Expertise teilen und Einblicke in die neuesten Entwicklungen geben. Darüber hinaus können die Unternehmen ihre neuesten Produkte vorstellen, die einen exzellenten Standard setzen. Workshops bieten praxisnahe Lösungen und vertiefen das Verständnis zu relevanten Themen aus Technologie und Wirtschaft.
Welche Bedeutung haben Bildung und Weiterbildung, um Fachkräfte auf die neuen Anforderungen der Energiebranche vorzubereiten?
Bildung und Weiterbildung spielen eine entscheidende Rolle, um Fachkräfte auf die neuen Anforderungen der Energiebranche vorzubereiten. Der Fachkräftemangel in Energiethemen ist eine der größten Herausforderungen, aber die Branche entwickelt sich überdurchschnittlich gut und bietet langfristige Perspektiven für qualifizierte Fachkräfte. Durch gezielte Bildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen können Fachkräfte mit den neuesten Technologien und Trends vertraut gemacht werden, was nicht nur ihren persönlichen Erfolg fördert, sondern auch zur Weiterentwicklung der gesamten Branche beiträgt und die Energiewende voran treibt.
Was ist Ihre persönliche Vision für die Zukunft der Energiebranche?
Die Zukunft der Energiebranche basiert sich auf einem klaren Ziel: Deutschland als Industrieland durch ein dezentralisiertes, digitalisiertes und dekarbonisiertes Energiesystem zu stärken. Energiespeichersysteme spielen dabei eine entscheidende Rolle, indem sie das Fundament für die Integration erneuerbarer Energien bilden und die Flexibilität des gesamten Systems ermöglichen. Speicher sind das zentrale Werkzeug für ein dezentrales Energiesystem.
Wir müssen den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter vorantreiben und den Anwendern größere Freiheiten einräumen, hinter dem Zähler, in der Kundenanlage – weitgehend ohne gesetzliche Einschränkungen oder Deckelungen. Gleichzeitig brauchen wir ein neues Marktdesign, das Flexibilität und Kosteneffizienz belohnt und Investitionen langfristig absichert.
Die Sektorenkopplung muss flexibel gestaltet werden, sodass die Sektoren Strom, Wärme und Mobilität nahtlos miteinander verbunden sind. Prosumer stehen dabei im Mittelpunkt: Einzelne Bürger, Haushalte und Quartiere können sich zu flexiblen und unbürokratischen Energie-Gemeinschaften zusammenschließen und Energie frei untereinander handeln.
Mit diesen Elementen schaffen wir die Grundlage für ein zukunftsfähiges und resilienteres Energiesystem, das nicht nur die Klimaziele erreicht, sondern auch wirtschaftlich stark bleibt.
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